Zwiebelmodell nach Hofstede

Es ist wichtig und notwendig zu verstehen wie sich die Identität eines Menschen ausbildet und dass sie in engem Zusammenhang mit der Kultur, in welcher das Individuum aufwächst, steht. Nur dann kann ein Verständnis dafür entstehen wie sich die Probanden – Flüchtlinge aus Afghanistan die im Jugendalter nach Deutschland kamen – fühlen.

Auf der ganzen Welt leben die verschiedensten Arten von Menschen, damit sind nicht nur die Unterschiede gemeint, die durch die Ländergrenzen bestehen, sondern vor allem auch diejenigen, die durch einzelne Kulturen innerhalb eines Landes entstehen können. Die Differenzen entstehen durch das Unwissen und auch teilweise Unverständnis der „Unterschiede im Denken, Fühlen und Handeln“ anderer unbekannter Kulturen (Hofstede 2009: 2). Diese Fähigkeiten und Fertigkeiten werden von den Menschen schon im Kindesalter zum größten Teil erlernt, da in diesem Lebensabschnitt laut Hofstede „der Mensch am empfänglichsten für Lern- und Assimilationsprozess[e]“ ist. (Hofstede 2009: 2) Demzufolge hat jedes Individuum seine eigenen inneren Werte und Vorgaben nach welchen es handelt. Wenn man, wie Hofstede es tut, den Vergleich zu Computern zieht, hat also jeder Mensch „mentale Programme“ bzw. eine „mentale Software“ (Hofstede 2009: 3). Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass eine solche Software nicht vollkommen unveränderbar ist so wie bei einem Computer, der nur so reagieren kann wie die Software programmiert ist. Menschen hingegen können auch spontan anders reagieren, es ist also lediglich die Rede davon „welche Reaktionen angesichts der persönlichen Vergangenheit wahrscheinlich und verständlich sind.“ (Hofstede 2009: 3)

Es gibt aber jedoch Dinge die unabhängig von Kultur und Herkunft bei jedem Menschen gleich sind, diese werden als „menschliche Natur“ bezeichnet. Sie stellt laut Hofstede „die universelle Ebene in unserer mentalen Software dar.“ (Hofstede 2009: 5) An diesem Aspekt der Identität ist demzufolge nichts zu ändern, da das Individuum darauf keinen Einfluss nehmen kann. Alle Menschen haben die Fähigkeit Gefühle wahrzunehmen und den im Menschen verankerten Grundbedürfnissen nachzukommen. Die Unterscheidung zwischen Kultur und menschlicher Natur vollzieht sich nach Hofstedes Verständnis so, dass das „was man mit diesen Gefühlen macht […] durch die Kultur beeinflusst [wird].“ (Hofstede 2009: 5) Außerdem prägend ist die „Persönlichkeit“ eines Menschen. Diese ist im Gegensatz zur menschlichen Natur ganz und gar nicht bei jedem Individuum gleich, sondern jeder Mensch hat seine eigene, persönliche Identität. Denn diese ist durch eine einzigartige Kombination von Erbgut sowohl ererbt, als auch durch Einflüsse der Gesellschaft und der Umwelt geprägt. Hier spricht man auch von dem erlernten Teil der Persönlichkeit. Diese ist „gestaltet durch den Einfluss kollektiver Programmierung (Kultur) und einzigartiger persönlicher Erfahrungen.“ (Hofstede 2009: 5)

Hofstede beschäftigte sich weiterhin mit Identität und auch mit den kulturellen Unterschieden in der Gesellschaft und entwickelte auf dieser Grundlage ein Zwiebelmodell:

DasanthropologischeKulturmodell

(http://upload.wikimedia.org/wikiversity/de/5/57/DasanthropologischeKulturmodell.jpg)

Anhand diesem stellt er einige Dinge fest, die in Bezug auf Kultur und Identität eine wichtige Rolle spielen. Denn es wird deutlich, dass die verschiedenen Schalen der Zwiebel repräsentativ dafür stehen, dass ein Blick auf eine andere Kultur zunächst sehr oberflächlich ist. Die erste Schicht der Zwiebel wird durch den Begriff der Symbole geprägt, damit meint Hofstede:

„Symbole sind Worte, Gesten, Bilder oder Objekte, die eine bestimmte Bedeutung haben, welche nur von denjenigen als solche erkannt wird, die der gleichen Kultur angehören. Die Worte einer Sprache oder Fachsprache gehören zu dieser Kategorie, ebenso wie Kleidung, Haartracht, Flaggen und Statussymbolen […]. Symbole einer kulturellen Gruppe werden regelmäßig von anderen nachgeahmt“ (Hofstede 2009: 7)

Symbole sind also eher labil und leicht veränder- bzw. anpassbar durch die jeweilige Kultur. Teilweise kommt es auch zur Übernahme von Symbolen zwischen den Kulturen, d.h. es ist ein durch Veränderung beeinflusster äußerer Eindruck einer Kultur.

Der Aufbau einer Zwiebel besteht jedoch typischerweise aus mehreren Sichten und so spielen auch Helden in Bezug auf die Kultur eine große Rolle. Sie können sich in völlig verschiedenen Gestalten wiederspiegeln, der Fantasie sind dabei keine Grenzen gesetzt, denn Helden können sowohl reale Menschen, als auch Figuren o.ä. sein. Dabei spielt es auch keine Rolle ob diese lebendig oder tot sind, bzw. ob sie überhaupt real und lebendig sind. Hierbei ist eine große Variation möglich. Allen gleich ist allerdings, dass sie dem Menschen als Vorbilder – sowohl im Verhalten als auch teilweise im Erscheinungsbild – dienen. (vgl. Hofstede 2009: 8)

Die letzte Schale der Zwiebel, die auch den Kern umschließt stellt die Rituale dar. Sie sind aus Sicht der Betrachter einer Kultur nicht mehr auf den ersten Blick zu erkennen bzw. zu durchschauen. Denn jede Kultur hat ihre ganz eigenen Rituale, die auch kurzfristig nicht verändert werden können. Nach Hofstede wird und darunter folgendes verstanden:

„Rituale sind kollektive Tätigkeiten, die für das Erreichen der angestrebten Ziele eigentlich überflüssig sind, innerhalb einer Kultur aber als sozial notwendig gelten: sie werden daher um ihrer selbst willen ausgeübt.“ (Hofstede 2009: 8)

Bevor es nun zum Kern oder Mittelpunkt der Zwiebel geht, werden die drei äußeren Schichten zusammengehalten durch die Praktiken: „Praktiken sind eine Kombination von Symbolen, Helden und Ritualen, die bestimme Lebens- und Arbeitssituationen charakterisieren.“ (http://tu-dresden.de/die_tu_dresden/fakultaeten/fakultaet_sprach_literatur_und_kulturwissenschaften/germanistik/daf/dateien/materialien_zeuner/analyse_werbetexte) Die Sozialisation und Identitätsprägung besteht also darin diese Praktiken kulturspezifisch zu erlernen und umzusetzen. Die kulturellen Eigenschaften einer Person werden kulturellen Faktoren (sprachliche Zuordnung, soziale Schicht, Beruf…) zugewiesen, während diese Faktoren dann wiederrum den einzelnen Schichten der Zwiebel zugeordnet werden können.

Den Mittelpunkt der Zwiebel bilden schließlich die Werte einer Kultur. Diese bezeichnen „ die allgemeine Neigungen, bestimmte Umstände anderen vorzuziehen.“ (Hofstede 2009: 9f.) Diese Werte werden von jedem Menschen schon sehr früh erworben und bis zum 11./12. Lebensjahr bilden sie sich aus und entwickeln sich. Hier werden hauptsächlich die Werte der Menschen in der Umgebung des Kindes übernommen, mehr unbewusst als bewusst. Das heißt der Mensch an sich wird maßgeblich durch seine Kultur und seine Mitmenschen geprägt.

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